Eröffnung des ersten österreichischen Living Museums in Graz
„Kunst, die verwandelt – Kunst, die verbindet“: Unter diesem Leitgedanken öffnete das erste von der Living Museum Society anerkannte Living Museum Österreichs am Gelände des LKH Graz II, Standort Süd, am Mittwoch, dem 3. Dezember 2025 seine Türen. Mit dieser Eröffnung entsteht ein inspirierender Ort, an dem Kunst nicht bewertet, sondern gelebt wird. Ein Ort, der Menschen mit psychischen Belastungen eine neue Perspektive eröffnet und der Öffentlichkeit zeigt, welche schöpferische Kraft in ihnen steckt.
Lebendige Kunst im Living Museum
Ähnlich wie das New Yorker Living Museum wurden die ursprünglichen Räumlichkeiten gänzlich anders genutzt. Was in New York einmal Küche war, diente auch in Graz einmal der leiblichen Versorgung der Patientinnen und Patienten, die Anstalts-Meierei: Ein Stallgebäude, das durch den Umbau nunmehr wie ein urbanes Loft wirkt, dadurch nicht nur Kreativität fördert, sondern auch das soziale Miteinander stärkt.
Betriebsdirektor Bernhard Haas, MBA erklärt: „Die Relevanz des Umfeldes für psychiatrische Patient:innen wird bereits bei unseren prämierten Holzgebäuden am Standort Süd deutlich. Bei der Suche nach einem geeigneten Standort für das Living Museum wurde die alte Meierei als mögliche Option in Erwägung gezogen. Durch Adaptierungen wurde nunmehr ein tatsächliches freies, optisch modernes, ansprechendes Raumkonzept umgesetzt, dessen Wirkung diesen Ort zum künstlerischen Freiraum werden lässt.“
Prim. Univ.-Prof. DDr. Michael Lehofer, Ärztlicher Direktor des LKH Graz II ergänzt: „In einer Zeit, in der psychische Belastungen stark zunehmen, brauchen wir Räume, die nicht primär Symptome behandeln, sondern Lebensqualität ermöglichen. Das Living Museum ist ein solcher Raum.“ Weiters ergänzt er, dass genau das der richtige Schlüssel ist: „Das Living Museum ist ein Brückenkopf zwischen Innen- und Außenwelt. Es ermöglicht Menschen, die oft nur über ihre Erkrankung definiert werden, einen völlig neuen Zugang zu sich selbst. Diese Form der künstlerischen Freiheit ist keine klassische Therapie – und wirkt nichtsdestotrotz heilsam.“
Eine neue Form des Miteinanders
Das Living Museum versteht sich nicht als therapeutische Einrichtung im klassischen Sinne, sondern als Lebensraum, offen, niederschwellig und voller Möglichkeiten. Die Atmosphäre erinnert an eine kreative Wohngemeinschaft, die sich laufend selbst gestaltet: informell, frei und zugleich getragen von gegenseitigem Respekt. Die Besucher:innen organisieren vieles selbst, unterstützen sich, lernen voneinander und gestalten ihre Umgebung und ihren Tagesrhythmus gemeinsam.
„Mit dem Living Museum schaffen wir einen geschützten Freiraum, in dem Menschen ihre Kreativität ohne Vorgaben entfalten können. Dieser Ort steht für Würde, Zugehörigkeit und die Überzeugung, dass in jedem von uns ein schöpferisches Potenzial steckt”, betont Landesrat für Gesundheit, Pflege und Kultur, Dr. Karlheinz Kornhäusl anlässlich der bevorstehenden Eröffnung. „Dass das erste von der Living Museum Society anerkannte Living Museum Österreichs hier in Graz entsteht, erfüllt mich in doppeltem Sinne mit Freude und Stolz, da einerseits Kunst als Mittel zur Genesung eingesetzt wird und andererseits dadurch künstlerische Arbeiten entstehen, die authentischer und ausdrucksvoller nicht sein können.“
Ein Raum, der Identitäten verwandelt
Das Grazer Living Museum steht in enger Verbindung zur Pionierarbeit von Dr. Janos Marton, einem in Ungarn geborenen Psychologen, der in New York eine Revolution im Umgang mit psychisch erkrankten Menschen ausgelöst hat. Seine Idee war es, Menschen nicht über Diagnosen, sondern über das, was sie schaffen und ausdrücken können, zu definieren.
Alexandra Plettenberg, Germanistin und Kunsttherapeutin, war jahrzehntelang Mitarbeiterin Martons am Living Museum New York und kennt die Kraft dieses Ortes wie kaum jemand: „Das Living Museum ist ein Asyl im ursprünglichen Sinn – ein Zufluchtsort, in dem sich Menschen sicher fühlen, Gemeinschaft erleben und ihre künstlerische Stimme finden. Hier verwandelt sich die Identität vom ‚Patienten‘ hin zum ‚Künstler‘. Diese Erfahrung ist zutiefst heilend.“
Plettenberg, die heute in der Steiermark lebt, hat das New Yorker Konzept nach Graz gebracht.
Eine Einladung, die Türen mit zu eröffnen
Mit der Eröffnung setzt die KAGes ein weiteres sichtbares Zeichen für eine zeitgemäße, menschennahe Psychiatrie, in der Kunst als Brücke zwischen Verletzlichkeit und Kraft wirken kann.
Das Living Museum Graz steht auch für Kooperation: Menschen aus der Region, Kulturinstitutionen, Künstler:innen und alle Interessierten sind eingeladen, diesen Raum mitzudenken und mitzugestalten.
Zum Konzept des Living Museums
Das 1983 im New Yorker Stadtteil Queens gegründete Living Museum gilt heute als eine der erfolgreichsten und berührendsten kunstbasierten Initiativen im psychiatrischen Umfeld. In der ehemaligen Anstaltsküche der psychiatrischen Klinik Creedmoor sind heute mehr als 100 Klienten täglich auf ihren inspirierenden Wirkungsbereichen kreativ aktiv, um Ihre psychische Identität als Patient:in abzulegen und im künstlerischen Ausdruck eine neue gestärkte Persönlichkeit einzunehmen. Mehr als 60 Einrichtungen weltweit gibt es, davon 33 von der Living Museum Society anerkannte Living Museums – nun erstmals auch in Österreich/Graz.
Kommunikation LKH Graz II
Wagner-Jauregg-Platz 1, 8053 Graz
Telefon: 0664 96 733 45
E-Mail: kommunikation.g-2@kages.at